Nachtgedanken

Unser Mitglied Alexander Ott (Listenplatz 11) hat sich Gedanken darüber gemacht, warum es nie zu spät ist, sich für seine Heimatstadt zu engagieren.

 

Wenn man auf einen runden Geburtstag zusteuert – in meinem Fall ist es der 60. –, verfällt man doch immer wieder mal in einen melancholischen Antrieb, auf sein vergangenes Leben zu schauen. Und das hat sich größtenteils in meinem Geburts- und Lebensort Biedenkopf zugetragen, welcher auch heute auf mich noch immer den Eindruck eines Heimatortes macht, in dem ich gerne lebe. Mit dem Blick auf mein Leben verbinde ich sowohl Persönlichkeiten wie auch Örtlichkeiten und beide hängen zuweilen auch eng miteinander zusammen. Und weiter versinke ich in nachdenklichen Erinnerungen, wenn ich an die zahlreichen Vereine und Gemeinschaften denke, an deren Wirken ich aktiv teilhaben durfte. Leider gibt es von diesen einige nicht mehr, und ich bedauere das sehr.

Nehmen wir nur die Trachtentanzgruppe, die unter ihrer rührigen Begründerin Irmgard Bartoschik jahrzehntelang das Kulturleben bei uns mitgeprägt hat und die der Stadt auch immer ein guter und willkommener Werbeträger auf Hessentagen, Tanzveranstaltungen und Folklorefesten war. Schade, dass wir in dieser Zeit, als ich mitwirkte (1973 – 1981) nie eine wirklich feste Bleibe hatten. Wo haben wir nicht überall unsere Tanzvorträge einstudiert: Jugendheim Sportplatz Aue (heute: VfL-Vereinsheim), Pausenhalle der damaligen Stadtschule und auch zeitweise im Bürgerhaus.

Die Freie Wandergruppe unter der Leitung der sehr engagierten Marie-Paule Hundsdörfer wäre auch noch zu nennen, sie war über die Stadtgrenze bekannt und förderte auch die Verschwisterungen, vor allem mit La Charité. Diese Institutionen haben sich irgendwann aufgelöst – alles hat seine Zeit.

Das Bürgerhaus steht an einer Stelle, wo wir als Kinder vor seiner Erbauung viel gespielt haben, der Bau des Bürgerhauses belebte von Anfang an das kulturelle und gesellschaftliche Leben in Biedenkopf. Wer erinnert sich noch an die Biedenkopf-Abende, die mehrfach für Kurgäste und Besucher unserer Stadt organisiert wurden? Der große Saal im Bürgerhaus war stets gut gefüllt. Wir traten mit der Trachtentanzgruppe immer dort auf, außerdem das Harmonika-Orchester mit dem seligen Hans Ochs als Dirigent, leider gibt es das auch nicht mehr. Als aktiver Rettungsschwimmer in der Ortsgruppe des DLRG hatte man im Herbst/Winter jeden Jahres stets mittwochs die Ausbildungs- und Trainingsstunden im Hallenbad, welches ebenfalls im Bürgerhaus integriert war.

Es mag sein, dass der schwermütige Blick zurück die Bindung an diesen Ort emotional erscheinen lässt. Das hängt sicherlich auch mit den Erlebnissen zusammen, die man auf den ersten in Biedenkopf überhaupt veranstalteten Rockkonzerten Mitte der 70er Jahre für sich behalten durfte. Und die zahllosen besuchten Theaterveranstaltungen sind natürlich jede Erinnerung wert. Ich würde mir wünschen, dass das Bürgerhaus in geeigneter Form als Interimslösung erhalten bleibt, wenn ich auch zu respektieren versuche, dass es mehrheitlich in der lokalen Parteienlandschaft den Wunsch nach einem Neubau gibt, für den es wohl noch keinen im Konsens entwickelten Plan gibt, was die Finanzierung ebenso einschließt.

Als sportbegeisterter Bursche spielte man beim VfL in der Jugend Fußball und beim Turnverein Handball, das immerhin ist heute noch möglich. An der frischen Luft habe ich mich am liebsten auf der Sackpfeife und in letzter Zeit immer öfter am Perf-Stausee ertüchtigt. Die Belebung dieser Örtlichkeiten liegt mir sehr am Herzen!

Nun im reiferen Alter versuche ich mich ehrenamtlich dergestalt einzubringen, dass das hiesige Kulturleben weiterhin gefördert wird und mit neuen Ideen vorangebracht werden kann. Neben dem aktiven Mitarbeiten im Vorstand des hiesigen Kulturvereins macht es für mich auch Sinn, in der neu gegründeten Wählergemeinschaft „Zukunft für Biedenkopf“ mitzuwirken. Wir verstehen uns als überparteiliche Gruppierung besorgter Bürgerinnen und Bürger, und nicht nur mir erscheint es, als ob viele auf eine solche Gruppierung gewartet haben. Der Zuspruch ist enorm und hat dazu geführt, dass wir ernst genommen werden, was uns sehr freut.

Dabei spielt es für mich eine große Rolle, dass ich mich für eine Mitwirkung in einer der anderen politisch tätigen Gruppierungen im Bereich der Stadt Biedenkopf nicht hätte wiederfinden können. Gleichwohl halte ich es für äußerst wichtig, offen und kultiviert mit diesen den Austausch zu betreiben. Parteiengezänk mit Fraktions- und Gruppenzwängen ist mir suspekt und zuwider, ein für mich überholtes Modell des politischen Diskurses in unser Gesellschaft, insbesondere im lokalen Umfeld.

Ich wünsche mir einen respektvollen Umgang unter allen politisch engagierten Bürgerinnen und Bürger in Biedenkopf, von denen ich ausnahmslos der Überzeugung bin, dass sie das Beste für unsere Heimatstadt wollen.

Wir wollen das auch!

Veröffentlicht in Bürgerhaus, Kernstadt, ZfB.